Rede zur aktuellen Stunde „Die Erklärung der Vielen als Zeichen für Vielfalt, Offenheit und Toleranz“

Zu Beginn möchte ich einen wichtigen Satz voraus schicken:

Kunst und Kultur sind frei und müssen frei bleiben.“

Doch das ist keine Selbstverständlichkeit. In unserem Land stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, in dem Bücher verbrannt, Kunst als entartet diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht wurde. Dass so etwas nie wieder passiert, dafür haben bereits viele Menschen vor uns gekämpft.

Und auch heute, ist das notwendig. Denn wir leben einer Zeit, in der die demokratische und künstlerische Freiheit durch völkisch-nationalistische, fundamentalistische, populistische und autoritäre Weltbilder wieder bedroht wird. In einer Zeit, in der Kultureinrichtungen und Kulturschaffende, durch Hetze und Schmähungen unter Druck gesetzt und durch persönliche Angriffe in ihrer freien Arbeit eingeschränkt werden.

Deshalb haben sich in den vergangenen Tagen in Hessen zahlreiche Kunst-, Kultur und Bildungseinrichtungen der bundesweiten Initiative „Erklärung der Vielen“ angeschlossen, um ein Zeichen für Vielfalt, Offenehit und Toleranz.

Aber warum brauchen wir überhaupt Kunst und Kultur? Kunst und Kultur sprechen uns an. Auf das was wir insgesamt sind. Nämlich nicht nur Verstand, sondern auch auf das was wir fühlen. Darum brauchen wir die Freiheit der Kunst, die sich nicht sofort jeder politischen Rationalität unterordnet die auch nicht sofort antworten muss, wenn ihr eine Frage gestellt wird, sondern die unsere Art des Sehens, unsere Blickwinkel und unsere  Perspektiven verändert. Und von dieser Veränderung sollen alle profitieren.

Vom Wesen der Kunst können wir vor allem eins lernen:Vielfalt ist keine Bedrohung, sondern Schönheit und Bereicherung.

Vielfalt kann und muss aber auch Herausforderung sein.Viele unterschiedliche Interessen treffen aufeinander und finden sich oft im Dazwischen. Deshalb muss Demokratie täglich neu verhandelt werden – aber immer unter einer Voraussetzung: Es geht um Alle, um jede und jeden Einzelnen.

Kunst und Kultur bergen eine Kraft, die Identität und Zusammenhalt stärkt und Raum für neue Ideen öffnet. Sie ermöglichen Teilhabe, nicht nur für den einzelnen sondern für viele. Diese Teilhabe – an den gesellschaftlichen Werten – wird durch kulturelle Bildung zur Teilhabe an der Gesellschaft selbst. Respekt und Toleranz sind ein sein hohes Gut, dass es zu bewahren gilt. Jeder Angriff auf diese Werte ist auch ein Angriff auf unsere Gesellschaft. Wollen wir Respekt und Toleranz bewahren, müssen wir uns als Gesellschaft reflektieren. In der Erklärung der Vielen wird genau das deutlich.

Es geht um die Erhaltung einer freien und offenen Kulturszene. Es geht um den Dialog zwischen einzelnen Menschen, aber auch um den von Gruppen. Es geht um eine offene und faire Diskussionskultur und um Solidarität. Die Erklärung der Vielen setzt ein Zeichen. Dafür möchte ich allen Initiatoren und Unterzeichnern danken. Als Frankfurterin freue ich mich, dass sich auch in meiner Stadt 56 Kulturinstitutionen angeschlossen haben.

Aber ein Zeichen alleine genügt nicht.

Als Politikerinnen und Politiker haben wir die Verantwortung,uns jeden Tag neu für die Freiheit der Kunst und eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzen. Wir dürfen Intoleranz, Hetze und Einschränkungen in Kunst und Kultur nicht zulassen. Denn erst wird die Freiheit der Kunst eingeschränkt, dann die Pressefreiheit und darauf folgt die Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Freiheit aber, meine Damen und Herren, steht totalitären Systemen entgegen. Setzen wir uns deshalb gemeinsam dafür ein, dass die Freiheit der Kunst und damit ein wichtiges Stück unserer Demokratie erhalten bleibt.

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.